Um es vorweg zu sagen, Corona ist Scheiße. Ja, das drückt es wohl am besten aus. Aber… Ja, es gibt ein aber. Wenn wir mal ganz kurz den Virus und seine Folgen ausblenden, uns nur auf das konzentrieren, was so momentan abläuft. Was fällt euch da so auf?
Social distance
Eigentlich ist es ja gar kein social distance. Wir distanzieren uns ja nicht sozial, sondern eher physisch. Wir bleiben zu Hause. Also die, die das können. Es gibt aber viele, die das nicht können. Und plötzlich sind sie SYSTEMRELEVANT. Für mich ist das übrigens das Unwort des Jahres.
Plötzlich fällt uns auf, hoppla, die, die wir jahrelang zu Tode gespart und geschrumpft haben, die, die für einen Hungerlohn arbeiten, die halten das normale Leben aufrecht. Komisch? Nicht der so teuer bezahlte Bankmanager oder Firmenboss oder Politiker, nein, die Verkäufer, Krankenpfleger, Polizisten und und und. Genau die sind es.
Da wird geklatscht, gesungen und gelobt. Es ist von Prämien die Rede. Steckt euch die doch sonst wo hin. Schon mal überlegt, es in Zukunft besser zu machen? Schon Pläne gemacht, all die jahrelang hilflos verklungenen Forderungen umzusetzen? Jetzt habt ihr Zeit!
Aber auch auf Facebook und Co. ist mit etwas aufgefallen. Wir sind irgendwie ruhiger, leiser, besonnener. Wo sind all die Trolle? Haben sie sich in ihren Klopapierburgen verschanzt? Ich beschwere mich ja nicht und klar, hier und da traut sich noch der eine oder andere heraus. Aber im Großen und Ganzen sind sie stiller geworden. Das finde ich gut. Das sollten wir für die Zukunft beibehalten.
Überall werden Nachbarschaftshilfen organisiert. Auch etwas, was für die Zeit nach Corona beibehalten werden sollte. Distanz schafft also auch Nähe.
Home-Office – Home-Schooling
Noch ein Phänomän. Da wo es jahrelang nicht möglich war, können die Leute plötzlich Home-Office machen. Und wisst ihr was? Es funktioniert. Man muss sich nicht stundenlang in ein Büro quetschen oder kilometerweit fahren oder fliegen, es geht auch so. Und wie man sieht, ganz wunderbar.
Und was ist mit den Schülern? Ich habe momentan hier ein Kind, das eigentlich in seine Abiturprüfungen starten sollte. Und nun? Nun ist es plötzlich möglich, den Stoff teilweise durch Aufgaben und per Skype und Co. zu vermitteln. Warum ging das all die Jahre nicht? Wie viel Unterrichtsausfall hätte hier vermieden werden können? Was für Möglichkeiten wurden hier Jahr für Jahr verschenkt.
Plötzlich ist all das möglich, was Jahr für Jahr vehement verneint wurde.
Corona – auch eine Chance für die Buchbranche?
Als Blogger habe ich in den letzten Jahren einige Einblicke in die Buchwelt bekommen, die dem „normalen“ Leser fehlt. Ich fand das immer sehr interessant. Seit September arbeite ich in einem Buchladen und kenne jetzt die Seiten von Verlag, Autor, Handel und Leser.
Die Buchläden sind zu. Ein Drama. Ja, und was für eins. Es gibt bestimmt Leute, die das nicht verstehen. Aber jeder buchbegeisterte Mensch wird das verstehen. Ich kann z. Bsp. Leute nicht verstehen, die so überhaupt gar nicht lesen. In meiner Familie gibt es einige davon. Bücher gehören für mich zum Leben dazu.
Ihr könnt mich zu Hause einsperren, mir Nudeln und Klopapier wegnehmen, aber wehe, jemand vergreift sich an meinen Büchern. Da gibt es Tote. Sie retten mich über diese Zeit.
Aber in letzter Zeit gibt es überall Berichte über das böse große A. Sie nehmen dem Buchhandel die Kunden weg. Kauft doch lieber im Einzelhandel. Die Innenstädte werden aussterben. So oder so ähnlich war es überall zu lesen. Aber gibt es hier nicht auch 2 Seiten?
Amazon ist einfach. Bestellen – am nächsten Tag ist das Buch da. Im Buchladen geht das aber auch. Wusstet ihr das? Wenn ihr dort ein Buch bestellt, ist es auch am nächsten Tag da. Und ihr habt lokal gekauft. Selbst für Berufstätige, die bis nach den Öffnungszeiten arbeiten, ist das eine Möglichkeit. Das Buch wird einfach nach Hause geliefert.
Warum sperren sich einige Buchhändler dagegen? Geht denn nicht beides? Im Laden kaufen und beraten und eben auch liefern.
Es geht. Viele Buchläden haben ihren Onlineshop und ihre Lieferung ausgebaut, weil es momentan die einzige Möglichkeit ist.
Klar, jeder möchte an einem Buch verdienen. Es sind auch viele an seiner Entstehung beteiligt. Mehr, als mir je bewusst war. Was ist mit den Gemeinsamkeiten? Wie wäre es statt mit gegeneinander, mit gemeinsam?
In einem Gespräch ging es darum, dass es doch gut und praktisch wäre, wenn die Verlage auf ihren Seiten die Möglichkeit bieten, sich eine Buchhandlung in der Nähe zu suchen und das Buch dort zu bestellen. Das würde beiden helfen. Dem Verlag und dem Buchhändler.
Gibt es das schon? Würdet ihr diese Möglichkeit nutzen?
Wisst ihr, was mich an der momentanen Situation am Meisten überrascht?
Nicht die Menschen. Nicht die Firmen. Nicht der Zusammenhalt. Es ist die Natur. Findet ihr es nicht auch erstaunlich, wie schnell sie sich erholt? Habt ihr auch die Bilder gesehen, von den Delphinen in Venedigs Kanälen. Habt ihr gesehen, wie sauber und klar das Wasser plötzlich ist?
Die Natur stört sich nicht an Corona. Sie interessieren unsere Ängste nicht. Sie macht einfach weiter. Überall erwacht die Natur wieder zum Leben. In meinem Garten stecken die Tulpen ihre Blätter heraus. Die Bäume und Sträucher fangen an zu blühen. Die Rosen treiben aus. So als wäre alles normal.
Wie lange würde es wohl dauern, bis die Natur sich vollständig vom Menschen erholt hat? Für sie sind wir bestimmt ein Virus. Einer, den sie nicht los wird.
Es gibt eine Zeit nach Corona
Wusstet ihr, dass jede Epidemie, jeder Krieg, jede Naturkatastrophe eine große Veränderung brachte? Es gab Veränderungen in der Politik. Neuaufteilungen der Länder und damit neue Grenzen. Religionen verschwanden oder wurden neu gegründet. Medizinische Erkenntnisse wurden gewonnen und weiter erforscht. Und natürlich veränderten sich auch die Menschen.
Wie wird uns Corona verändern? Machen wir weiter, wie bisher? Denken wir um?
Ich freue mich auf die Zeit nach Corona. Ich hoffe darauf, meinen Job dann noch zu haben, dass mein Kind sein Abitur bekommt und in einen neuen Abschnitt starten kann, dass das Studium meiner anderen beiden Kinder weitergeht und sie nicht zu viel verloren haben.
Ich hoffe darauf, dass ein bisschen vom momentanen Zusammenhalt in die Zukunft gerettet werden kann. Dass wir sehen, was uns noch für Möglichkeiten offenstehen und dass wir sie nutzen.
Ich hoffe, auf weniger Tote und ein baldiges Ende der momentanen Regeln.
In diesem Sinne, bleibt gesund und schaut euch um. Es gibt viele Veränderungen, wir müssen sie nur sehen.
Und nutzen…