Und schon sind wir beim zweiten Teil unseres Kaffeeklatsches angekommen. Wisst ihr, was der Vorteil bei einem virtuellen Kaffee ist? Er wird nie kalt …
Viktoria hat uns ja im ersten Teil unseres Gesprächs schon einiges über sich und ihre Arbeit erzählt. Jetzt wollen wir es aber genau wissen – ich jedenfalls. Wie läuft das so mit dem Buchcover? Sitzt sie vor einem leeren Blatt und malt mit Pinsel oder Stiften? Nutzt sie Technik oder schwingt sie einfach einen Zauberstab und schwups ist alles da.
Welche Tools und Software nutzt du für deine Designs?
Ich muss alle enttäuschen, die sich gerade vorgestellt haben, wie sie zauberstabschwingend ihre großartigen Designs erschafft. Es ist ganz simpel: Sie arbeite mit der Adobe-Suite, also Photoshop, Illustrator und Indesign. Die Cover entstehen hauptsächlich in Photoshop, das Innenlayout (der sogenannte Buchsatz) in Indesign, und für Grafiken wie z.B. Autorenlogos ist Illustrator perfekt geeignet.
Aber mal ehrlich, das Bild mit dem Zauberstab geht doch nicht nur mir nicht mehr aus dem Kopf, oder? Aber wenn es so einfach wäre …
Ich muss gestehen, dass ich mir früher nie so viel aus den Buchcovern gemacht habe. Sie waren für mich nicht der Hauptgrund ein Buch zu kaufen. Mittlerweile ist das anders. Ich gehöre auch zu denen, die nach einem Buch greifen, dessen Cover hypnotisch schreit: kauf mich!
Darum finde ich das Gespräch mit Viktoria so interessant. Als sie mich fragte, ob ich Lust darauf hätte, fielen mir sofort Millionen Fragen ein – na gut, es waren nicht ganz so viele. Aber schon eine ganze Menge. Tasten wir uns also weiter vor. Ein Buchcover soll entstehen. Wie geht die Designerin vor?
Was sind für dich die wichtigsten Schritte im Designprozess?
„Zuerst muss ich den Kunden, dessen Wünsche und den Buchinhalt genau kennenlernen. Dafür erfrage ich alle wichtigen Infos, die ich für das Designen brauche – und schon kann es losgehen mit der Gestaltung. Ich entwerfe das Cover, halte Rücksprache und setze eventuelle Änderungswünsche um. So bekommen meine Kunden zum Schluss ein Cover, mit dem sie sich wirklich identifizieren können, das ihnen gefällt und das den Buchinhalt genau widerspiegelt.
Und wie gehst du an ein neues Projekt heran, besonders wenn es für ein Genre ist, mit dem du weniger vertraut bist?
„Ich löchere meine Kunden! Zuerst bekommen sie einen ausführlichen Fragebogen, in dem sie ihre Story, die Stimmung, die Protas uvm. beschreiben können. Dadurch lerne ich die Geschichte sehr genau kennen – und weiß aus Erfahrung, welche Cover in diesem Genre (und zu diesen Tropes) besonders gefragt sind. Natürlich ist bei mir auch viel Platz für eigene Wünsche. Wir kennen doch alle jemanden, der zum Beispiel keine Menschen auf Covern mag (oder wir sind selbst so jemand), stimmt‘s? Daher besprechen wir auch anhand von Beispielcovern, welche Stile dem Kunden zusagen. So formt sich in meinem Kopf ein klares Bild, wie das perfekte Cover für das jeweilige Buch aussehen muss. Nun muss ich es „nur noch“ umsetzen.“
Warum klingt das so einfach? Ich habe jetzt eben mal versucht, der Anleitung zu folgen. Hab mir eine Geschichte vorgestellt und darauf gewartet, das in meinem Kopf ein Cover entsteht. NICHTS!!! Ich bin wohl nicht kreativ genug. Ich glaube, meine Stärke sind eher die Worte. Was nicht bedeutet, ich könnte ein Buch schreiben. Hilfe, nein!
Was mich dann sofort zu meiner nächsten Frage bringt:
Woher nimmst du die Inspiration für deine Cover?
„Ich kann echt lange in Buchhandlungen verlorengehen und mir Bücher anschauen. Ich liebe es, zu erkunden, was aktuell in welchem Genre beliebt ist und welche Stile mir für eigene Designs gefallen könnten. Zum Glück gibt es in vielen Buchläden Sitzecken. Und zum Glück ist auch mein Mann im Buchdesign-Bereich unterwegs (u.a. als Illustrator). So kann ich ihn bequem mit einem Stapel Bücher dort zwischenparken und für eine Weile ganz entspannt zwischen den Gängen abtauchen. Er merkt genauso wenig wie ich, wie viele Stunden schon verflogen sind.“
Also das fühle ich gerade sehr. Können wir mal zusammen eine Buchhandlung besuchen? Ich würde mir die Bücher gerne mal mit deinen Augen ansehen. Ich bin ja schon immer zweigeteilt unterwegs. Als Buchhändler und als Blogger. Und ja, die beiden haben eine andere Sichtweise auf Bücher. Aber das ist ein anderes Thema, über das ich bestimmt auch noch irgendwann schreiben werde.
Machst du eigentlich auch Gestaltungen für E-Books oder nur für Prints?
„Die Cover gestalte ich für beide Formate, die Formatierung (Buchsatz) nur für Printbücher. Denn für das eBook wird die Buchsatz-Datei später in ein anderes Format umgewandelt (z.B. in eine ePub-Datei, die speziell für eReader ausgelegt ist). Die meisten meiner Autoren veröffentlichen ihre Bücher übrigens gleichzeitig als Print und eBook, denn beide Formen sprechen ganz unterschiedliche Zielgruppen an.“
Sooo, jetzt ist es aber wirklich genug mit dem Kaffee. Selbst der virtuelle lässt mich heute Nacht bestimmt nicht schlafen. Eine abschließende Frage muss ich aber noch loswerden.
Liest du die Bücher, die du gestaltest auch selbst?
„Bei Buchsatz-Aufträgen überfliege ich während der Feinformatierung den Text, da ich auch auf kleine Details achte, wie z.B. zu große Wortabstände oder doppelte Leerzeichen. Dadurch bekomme ich viel vom Inhalt mit, was den Beruf natürlich super spannend und vielseitig macht. Bei Cover-Aufträgen lese ich die Bücher manchmal, wenn mich der Inhalt auch privat sehr interessiert. Bei Korrektorat-Aufträgen (ja, die gibt’s bei mir auch) lese ich natürlich jedes Wort ganz genau und gefühlt hundert Mal durch. Doch egal, welche Art von Projekt – am Ende bekommt jedes „meiner“ Bücher einen extraschönen Ehrenplatz in meinem Bücherschrank im Büro.“
ÜBERFLIEGEN – Da haben wir wieder dieses Wort. Vor einiger Zeit habe ich einen Beitrag über die verschiedenen Arten zu lesen geschrieben. Ich hoffe, ihr habt ihn alle gelesen. Offensichtlich gehört Viktoria auch zu denen, die Texte überfliegen, um sich Informationen zu suchen. Ich habe ja festgestellt, dass das nicht alle können.
Bevor ich jetzt unsere Kaffeetassen abwaschen gehe – muss man das bei virtuellen Tassen eigentlich machen – und Viktoria sich bis Teil 3 erstmal erholen kann, muss ich noch was loswerden.
Ich persönlich habe ja manchmal das Gefühl, dass der Coverdesigner den Inhalt des Buches gar nicht kennt, weil es einfach nicht zur Geschichte passt. In meiner Vorstellung hat sich der Designer brav das Buch zur Hand genommen, es gelesen und dann das Cover kreiert. Eigentlich einfältig! Ein Buch unter Zwang lesen ist furchtbar. Und für mich wäre es das irgendwie.
Daher kann es dann wohl eben öfter passieren, dass Cover und Geschichte nicht zueinander passen. Gibt es Bücher, bei denen euch das schon passiert ist? Wo ihr dachtet, was soll das und das Cover zu einer ganz anderen Geschichte zu gehören schien?
Lasst es mich wissen. Ich bin neugierig. In meinem Formular für die Kommentare ist gaaaanz viel Platz …
Und während ihr euch darüber Gedanken macht und eure Bücherregale durchstöbert – ihr habt doch Bücherregale? – mache ich mich auf die Suche nach einem anderen Getränk für den dritten Teil unseres Gesprächs. So viel Kaffee ist bestimmt nicht gut …