Gefunden … also ein neues Getränk anstelle des Kaffees. Lasst die Gläser erklingen, wir sind beim Sekt angekommen. Es wird also gemütlich.
Auf meinem Zettel stehen noch so viele Fragen. Die müsse jetzt hier irgendwie beantwortet werden. Wollen wir loslegen, oder wollt ihr erst noch einmal Teil 1 und Teil 2 unseres Gesprächs lesen? Kein Problem. Wir haben Zeit und genügend Sekt.
Wir können ja solange überlegen, was wir schon hatten: Wir kennen Viktoria jetzt ganz genau und wissen auch, wie das mit dem Design von Buchcovern so läuft. Lasst uns also über Buchcover sprechen?
Als Leser finde ich ja die schönen Cover wundervoll. Im Regal sind sie eine Augenweide – das Lesen beeinflussen sie aber nicht. Das sollten wir uns öfter sagen: das Cover hat keinen Einfluss auf den Inhalt. Warum ich das so betone? Hier kommt der Buchhändler ins Spiel. Der sieht nämlich auch die negativen Seiten dieses Hypes. Kunden, die nur den Farbschnitt wollen und auch schon mal „unleidlich“ werden, wenn sie ihn nicht bekommen sind das eine. Kunden, die völlig makellose schöne Bücher wollen, das andere. Erstere kann ich bis zu einem gewissen Grade verstehen. Die zweiten nicht. Da frage ich mich manchmal, ob das Buch überhaupt gelesen wird oder ob es nur um das Aussehen im Bücherregal geht. Aber auch das ist ein Thema für einen anderen Beitrag.
Aber auch ich bin in dieser Hinsicht nicht unfehlbar. Auch ich habe einen Gott, den ich anbete, den Covergott himself – Alexander Kopainski!!!! Meine Kollegin liebt da eher Max Meinzold. So hat jeder seinen Favoriten.
Erkennt ihr eigentlich am Buchcover den Designer? Was mich zu meiner ersten Frage heute bringt:
Viktoria, wie würdest du deinen persönlichen Stil beschreiben?
„Als sehr wandelbar. Ich verfolge eher keinen wieder erkennbaren Stil, sondern bin sehr offen dafür, mich auf jedes individuelle Buch einzulassen und ihm das Design zu verleihen, das den Inhalt am besten unterstreicht. Ein Cover ist weniger ein Kunstwerk, das ich so gestalte, wie es meinem künstlerischen Stil entspricht, sondern vielmehr ein Design, das über die gewählten Farben, Bilder und Schriften strategisch Botschaften vermittelt – ähnlich wie bei Marken, die über ihr Logo zum Beispiel Zuverlässigkeit (Blau), Energie (Rot) oder Wachstum (Grün) ausstrahlen. Was sich bei mir aber durch alle Designs durchzieht, sind Farbharmonien. Mit knalligen Komplementärfarben ist bei mir eher nicht zu rechnen, ich liebe es harmonisch.“
Aha, keinen wieder erkennbaren Stil. Das lasse ich einfach mal so stehen, aber Leser, die deine Cover kennen und lieben, sind da bestimmt anderer Meinung.
Wie findest du denn dann die Balance zwischen deiner kreativen Vision und den Wünschen der Autoren oder Verlage?
„Ich gehe erst mal sehr stark auf die Wünsche meiner Autoren ein, denn letztendlich soll ihr Buchdesign auch ihnen persönlich gefallen. Sie haben hart an diesem Projekt gearbeitet und sollen ein Design bekommen, mit dem sie wirklich glücklich sind und ihr Buch stolz präsentieren können. Gleichzeitig muss das Cover natürlich genau auf den Geschmack der Leser zugeschnitten sein, um am Markt zu funktionieren. Doch das schließt sich für mich nicht aus! Aus diesen beiden Perspektiven entwickelt sich dann erst meine Designidee. Man könnte sagen, ich löse eine Rechenaufgabe, bei der x und y schon vorgegeben sind. Aber ich mag Mathe nicht sonderlich – also sagen wir lieber, es ist wie ein spannendes Rätsel!“
Autoren und Leser unter einen Hut zu bekommen ist manchmal bestimmt sehr schwierig. Kriegt ihr das auch mit, wenn sich Leser lautstark darüber beschweren, wenn ihnen ein Buchcover nicht gefällt? Da hat das dann wohl nicht geklappt. Das nimmt manchmal Formen an, die jenseits von Respekt an der Arbeit anderer liegen. Wie Viktoria eben schon sagte, gibt es immer mehrere Parteien, denen man es recht machen muss. Darum passt meine nächste Frage:
Wie genau sieht die Zusammenarbeit mit Autoren und Verlagen aus? Wie ist der Ablauf?
Eine Mail im Postfach – Designerin antwortet – reger Austausch – Vorbesprechung – es geht los – Daten zur Druckerei senden – Buch ist fertig.
Klingt einfach – ist es aber bestimmt nicht. Prost …
Dann verrate uns doch mal, was dein herausforderndste Projekt war und warum.
Ach komm schon, es gibt wirklich keins? Kein Drama, kein Geschrei? Upps, da spricht wohl der Sekt aus mir. Keinen Alkohol mehr für Heike. Ich wünsche dir, dass auch weiterhin alle deine Projekte so super angenehm verlaufen und wir noch viele wunderschöne Cover von dir sehen können.
Gibt es denn einen Trend, den du besonders spannend findest oder den du besonders magst?
„Es zeichnen sich immer wieder schlagartig neue Trends ab, die ich mit Erstaunen beobachte. Aktuell sind ja z.B. auf fast jedem YA-Buch Illustrationen der Charaktere in einem comic-ähnlichen Stil zu finden. Aber ich bin eigentlich sehr offen für Trends. Mir fällt keiner ein, den ich partout nicht leiden kann. Ob man beim Coverdesign auf der Trendwelle mitschwimmt oder sich eher durch Einzigartigkeit hervorhebt, kommt immer auf den Einzelfall an. Beides kann gut funktionieren!“
Aber mal ehrlich, es gibt Cover, die möchte man abdecken. – Weg mit dem Sekt! – Nicht jedes Cover ist schön, nicht jeder Hype muss mitgemacht werden. Aber wie immer, ist es eine Sache des persönlichen Geschmacks.
Welche Entwicklungen im Buchdesign fallen dir denn aktuell so auf?
„Veredelungen, Veredelungen und noch mehr Veredelungen! Bedruckte Farbschnitte, illustrierte Page-Overlays, Special Effects auf dem Cover … ich bin natürlich Feuer und Flamme für all das und liebe es, dass viele Bücher immer mehr zu kreativen, einzigartigen Sammlerstücken werden! Aber natürlich bekomme ich auch die Schattenseite mit: Gerade kleinere, verlagsunabhängige Selfpublisher können oft natürlich nicht in all die teuren Spielereien gleichzeitig investieren – und gehen im Wettrüsten um das schönste Buch umso schneller zwischen den großen Namen der Branche unter.“
Oh, da bin ich ganz bei dir. Mittlerweile sind die Buchschnitte schon bei den Pappbüchern für die ganz kleinen angekommen. Ehrlich, hab ich gerade heute auf Arbeit entdeckt. Sieht niedlich aus, ist aber völlig unnötig.
Ich persönlich mag ja die schlichten Cover sehr gerne. Wobei ich mir gerne mehr Kreativität in den Büchern wünsche. Mir persönlich gefällt es ja, wenn der erste Satz mit so einem besonders schön gestaltetem Buchstaben beginnt. Oder wenn jedes Kapitel eine besondere Zeichnung oder ein Schmuckornament bekommt.
Manche Cover hingegen finde ich anstrengend. Wenn die Worte auseinandergerissen werden zum Beispiel oder wenn der Titel so geschrieben ist, dass sich meine Pupillen verknoten müssen um ihn lesen zu können oder, wenn man vor lauter Schnörkeln und Schmuck den Titel gar nicht erkennt.
Aber wie schon gesagt, jeder hat seine Vorlieben und das ist auch gut so. Wir wollen Vielfalt und keinen Einheitsbrei.
Denkst du, dass ein gelungenes Cover den Erfolg eines Buches beeinflusst?
Während ich Viktoria lausche, die mir erzählt, dass das Cover eine sehr entscheidende Rolle beim Buchkauf spielt und wir uns über Coverkäufer unterhalten, schiele ich zu meinem Regal und überlege, ob ich auch einer bin. Da ist es schon ziemlich bunt. Aber hätte ich die Bücher auch ohne dieses „bunt“ gefunden? Ein Blickfang sind sie ja schon. Und Viktoria hat bestimmt Recht, wenn sie sagt, dass laut einer Studie bis zu 75% der Leser die Bücher anhand des Covers kaufen. Das könnt ihr hier gerne nachlesen. Ich glaube, dazu gehöre ich auch. Allerdings kann mich kein noch so buntes Cover überzeugen, wenn es der Inhalt nicht tut.
Bei all diesen schönen kreativen Covern und vor allem bei der Menge der Bücher frage ich mich schon wie es ein Coverdesigner schafft kreativ und motiviert zu bleiben. Viktoria nimmt sich regelmäßig Auszeiten. Allerdings ist sie auch erst durch Schaden klug geworden und hat aus ihren Fehlern gelernt. Ich denke Abstand und Selfcare sind ein gutes Mittel, um alles in Einklang zu bekommen. Und das gilt für jeden, nicht nur für Kreative.
Da Viktoria nichts über aktuelle Projekte verraten kann, müssen wir uns eben überraschen lassen, was sie gerade schönes zaubert. Auch ohne Zauberstab. Aber ich konnte aus ihr herauskitzeln – oder lag es am Sekt – dass sie gerade an einem Kinderbuch arbeitet, in dem sich Sonne und Mond verlieben. Darauf bin ich schon sehr gespannt. Vielleicht sehe ich es ja bald in einem Katalog auf Arbeit.
Was möchtest du denn unbedingt mal designen, hattest aber noch nicht die Gelegenheit dazu?
„Die meisten Punkte auf meiner imaginären Design-Bucketlist haben sich in den letzten Jahren schon erfüllt, wofür ich unglaublich dankbar bin! Einmal ein Cover für einen großen Verlag gestalten, das in jeder Buchhandlung zu finden ist? Check! Eine Schmuckausgabe mit vielen verspielten Details und Extras? Check! Bedruckte Farbschnitte? Check! Die Projekte, die ich tagtäglich designen darf, sind noch so viel abwechslungsreicher, als ich es mir je erträumt hätte. Eigentlich fehlt gerade nur noch ein Häkchen auf meiner Liste: Ich würde wahnsinnig gerne mal ein kreatives Geschenkbuch gestalten, z.B. für ArsEdition oder den Coppenrath-Verlag, weil ich diese Bücher privat so toll finde! Vielleicht erfüllt sich ja auch dieser Wunsch irgendwann – und dann muss ich mir dringend neue überlegen!“
Ich glaube, die Ideen werden dir nicht ausgehen und ich würde mich freuen, bald ein Geschenkbuch in den Händen zu halten, dem du ein ganz besonderes Kleidchen gegeben hast.
Bevor mir der Sekt hier ganz den Kopf verdreht, habe ich noch eine abschließende Frage.
Gibt es etwas, dass du Autoren sagen möchtest, die ihre Buchcover selbst gestalten möchten?
„Wenn ihr Spaß daran habt und euer Buch ein privates Projekt ist – go for it! Ich möchte niemanden ausbremsen, der vielleicht seine Design-Leidenschaft auf diesem Weg entdecken könnte. Wenn ihr aber vorhabt, euer Buch zu verkaufen – bestenfalls sogar gut zu verkaufen –, ist ein professionelles Cover unverzichtbar. Nicht nur deshalb, weil es den Kauf stark beeinflusst, wie ihr ja gerade schon erfahren habt. Sondern auch, weil es dabei eine Menge zu beachten gibt – ob bei den Schrift- und Bildlizenzen oder beim Erstellen der Druckdaten. Wenn hier etwas schiefgeht, kann das teure Konsequenzen haben. Ein Profi ist hier also die beste Wahl.“
Kaffee und Sekt sind alle, mir fallen keine Fragen mehr ein und Viktoria sind die Worte ausgegangen. Ich hoffe, ihr hattet hier genau so viel Spaß wie wir und wir konnten euch ein paar Einblicke in die Arbeit von Viktoria geben.
Habt ihr noch Fragen? Dann raus damit. Tauscht euch aus. Redet miteinander? Fragt. Antwortet. Oder lasst einfach einen lieben Gruß hier.
Wir lesen uns …