Meinen Kinderbuchtag gibt es mittlerweile schon seit Januar 2018. Eine lange Zeit. Ursprünglich wollte ich auf etwas andere Kinderbücher aufmerksam machen. Es gibt so viele tolle Kinderbücher, die irgendwie nicht gesehen werden.
Ich habe euch schon Bücher über den Tod oder Mobbing vorgestellt, aber auch auf Autoren aufmerksam gemacht, die auch irgendwie anders sind. Wobei anders hier nichts Schlechtes ist. Manch einer springt über einen ziemlich großen Schatten, um sein Kinderbuch zu veröffentlichen. Da ist ziemlich viel Mut erforderlich.
Oder ein Buch hat ein Thema, das nicht so alltäglich ist. Ich habe aber auch schon über Leseförderung geschrieben oder oder oder….
Irgendwie hat sich mein Kinderbuchtag da verselbständigt.
Auch heute möchte ich euch kein Kinderbuch vorstellen. Stattdessen möchte ich über etwas reden, das mir in letzter Zeit öfter begegnet.
Mein Kind ist schon viel weiter …
Ehrlich? Ich kann es nicht mehr hören.
Seit fast einem Jahr arbeite ich in einem Buchladen. Ich bin da die Kinderbuchfee und liebe es. Ich freue mich, wenn ich ein Kind für ein Buch begeistern kann, wenn eine Empfehlung dazu führt, dass derjenige wiederkommt und sich noch einmal beraten lässt, weil ihm meine erste Empfehlung so gut gefallen hat.
Wenn ein Kind mit leuchtenden Augen mit seinem Buch nach Hause geht, ist das immer ein tolles Gefühl.
Aber es gibt Eltern und es gibt Eltern …
Wisst ihr, welches Erlebnis ich wohl nie vergessen werde? Eine Mutter kam mit ihren Kindern zu uns. Sie wollte eine Empfehlung. 2 Kinder waren richtige Leseratten und ein Kind hatte so gar keine Lust auf Bücher. Sagte die Mutter. Leseschwierigkeiten. Das ist ja leider kein Einzelfall. Ich habe den Jungen gefragt, was er denn gerne mag, wofür er sich interessiert.
… geantwortet hat mir die Mutter.
Sie hat ihr Kind gar nicht zu Wort kommen lassen. Als er mir doch noch antworten konnte, gab ich ihm ein Buch. Er sollte doch mal schauen, ob ihn das interessiert, ob der Text ok ist. Währenddessen „klagte“ die Mutter, dass ja ihre beiden anderen Kinder so viel lesen und dieses Kind so gar nicht.
Wisst ihr, was dann passiert ist? Der Junge fing an in dem Buch zu lesen. Gleich dort im Buchladen. Es schien ihm zu gefallen. Und was macht die Mutter? Nimmt ihm das Buch mit den Worten „Das ist viel zu schwer für dich“ aus den Händen.
Ich war entsetzt. Ich habe versucht, der Mutter zu erklären, dass das Buch völlig altersgerecht wäre, dass es ihn doch offensichtlich interessiert und er es lesen möchte. Es führte kein Weg zu diesem Buch. Der Junge – ca 10 Jahre alt – bekam von der Mutter ein Buch für Erstleser in die Hand gedrückt, mit den Worten „Das lesen wir heute Abend“.
Gott sei Dank bisher ein Einzelfall. Aber leider fällt mir ziemlich oft auf, dass Eltern/Großeltern ziemlich „übergriffig“ werden, wenn es um die Buchauswahl der Kinder geht.
Von vielen höre ich den Satz „Mein Kind ist aber schon viel weiter“. Da wollen dann plötzlich Väter von 3jährigen die Harry Potter Schmuckausgabe kaufen, damit das Kind beim Vorlesen die Bilder ansehen kann. Ja, Harry Potter – der hat übrigens eine Altersempfehlung von 10 Jahren.
So etwa mit 9 – 10 Jahren scheint sich das „Weiter zu sein“ aber schlagartig zu ändern und viele degradieren die Kinder wieder zu Kleinkindern oder Erstlesern. Wahrscheinlich sind die Kinder ab diesem Alter nur noch blöd. (Achtung! Sarkasmus) Da bekommt eine 14jährige schon mal ein Pferdebuch für 8 jährige, weil diese ganzen Bücher mit Liebe und Fantasy noch nichts für sie sind.
Kann ein Kind nicht selbst entscheiden, was es lesen möchte?
Klar, es gibt Ausnahmen. Egal wie sehr ein Kind es möchte, ich würde einem 8jährigen kein Jugendbuch geben oder einem Kind einen Krimi für Erwachsene.
Aber wenn ein 10jähriger ein Buch lesen möchte, das nun eben mal 500 Seiten hat oder keine Bilder oder ein Thema, das die Eltern nicht interessiert – warum darf er das dann nicht?
Es gibt Bücher, die muss man an den Eltern oder Großeltern vorbeischmuggeln
Diesen Satz hat eine Vertreterin zu mir gesagt. Und ich gebe ihr da völlig Recht.
Wir Eltern haben eine Aufsichtspflicht für unsere Kinder. Es ist unsere Aufgabe, sie zu beschützen, weil sie das eben noch nicht können. Dazu gehören auch die Bücher, die die Kinder lesen. Das ist ganz klar.
Aber warum schreiben einige Eltern ihren Kindern die Themen der Bücher vor? Drachen? Das mögen wir nicht so. Liebe? Dafür ist er/sie noch zu jung. Fantasy? Das ist doch alles Quatsch. 400 Seiten? Das ist viel zu dick. Da sind ja keine Bilder drin. Das mag er nicht. Da langweilt er sich.
WARUM?
Ich verstehe es einfach nicht. Wenn es in einem Buch um Drachen geht und um jemanden, der sich verliebt oder wenn jemand stirbt oder eben einfach anders ist – lasst es eure Kinder doch lesen.
Sie lesen!!!! Und das ist doch die Hauptsache.