Von allem, was auf einem Blog so läuft, versuche ich mich immer vor einem am meisten zu drücken, dem Interview mit einem Autor.
Was frage ich da? Welche Fragen findet er blöd? Ich denke mir immer, das wurde er schon 100-mal gefragt? Müssen die Fragen was mit dem Buch zu tun haben? Kann/soll/muss/darf ich was privates fragen? Soll ich dann einfach Frage-Antwort, Frage-Antwort hintereinanderschreiben? Was will man von einem Autor wissen? Manchmal denke ich, das interessiert mich gar nicht.
Interessiert es dann die anderen?
Ihr merkt schon, so ein Blogger hat es auch nicht leicht. Bei einem schriftlichen Interview habe ich wenigstens den Vorteil, nicht sofort gesteinigt werden zu können. Und wenn nur schriftlich.
Ihr ahnt es schon, es ist wieder so weit. Ich muss ein Interview mit einem Autor führen.
Wer ist der glückliche?
Birgit Hermann – geboren 19.. (psst, eine Frau fragt man nicht nach dem Alter – darf man das dann eigentlich bei einem Mann?)
Sie ist 3fache Mutter und mehrfache Oma.
Ihre Freizeit verbringt sie mit schreiben und die restliche Zeit arbeitet sie als medizinische Fachangestellte. Oder umgekehrt. So genau konnten meine Agenten das nicht herausfinden.
Ihr erster Roman erschien 2005. Bis jetzt hat sie 6 Bücher, mehrere Kurzkrimis und 2 Bühnenstücke veröffentlicht.
Sie ist sehr naturverbunden. Sie treibt sich gerne in heimischen Wäldern herum. Gut, dass sie eine Ausbildung zur Naturparkgästeführerin gemacht hat.
Damit ich nicht gehauen werde, habe ich mein Interview schriftlich geführt. Und nein, es lag nicht daran, dass Technik und ich irgendwie nicht so richtig zusammenpassen. Wirklich nicht.
Interview mit Birgit Hermann
Welches Buch liest du gerade?
Normalerweise komme ich unterm Jahr wenig zum Lesen, für den Urlaub packe ich mir aber immer genug „Futter“ ein. Und da ist von meiner letzten Auszeit noch „Die neue Welt“ von Roland Weis auf dem Nachttisch und wird nun in kleineren Etappen fertiggelesen. In dem Buch geht es um die Entdeckung Amerikas aus der Sicht eines 13 Jährigen, der sich als blinder Passagier an Bord gemogelt hat. Der Autor wohnt übrigens in meiner Nachbarschaft, daher der Bezug nicht nur zum Buch.
Warum gerade Glasbläser? Was interessiert dich daran? Oder war es Zufall?
Um die Geschichte des Schwarzwaldes in allen Facetten rüberzubringen, packe ich neben historischen Begebenheiten, menschlichen Schicksalen und örtlichen Sagengeschichten auch gerne die ortstypische Handwerkskunst mit hinein. Dabei recherchiere ich viel, um auch Fachleuten standhalten zu können. Damit habe ich mir bisher vor allem unter der männlichen Leserschaft Anerkennung verschafft und ich bin selbst um tolles, altes Wissen bereichert. In anderen Romanen habe ich schon das Uhrmacherhandwerk und den Geigenbau „behandelt“.
Wie lange dauert es – durchschnittlich – von der Idee bis zum fertigen Buch?
Mindestens 3-4 Jahre, ich schreibe nebenberuflich.
Welches Buch kannst du empfehlen? Welches sollte man unbedingt gelesen haben?
Das kommt auf das persönliche Interesse an. Jemanden, der nur Krimis mag, kann ich mit einem 800seitigen historischen „Schinken“ nicht beeindrucken. Eines der schönsten Bücher, das ich je gelesen und das mich beeindruckt hat, war „Die Nebel von Avalon“. Es ist noch nach Jahren in Erinnerung.
Kannst du während des Schreibens trotzdem noch lesen? Oder ist da kein Platz mehr für andere Geschichten im Kopf?
Im Kopf wäre schon Platz, aber ich lese nur in den Schreibpausen, wie Urlaub. Ich komme sonst mit der Zeit nicht hin.
Gibt es vor dem Start einen genauen Plan? Wer was wann wo macht? Oder haben die Protagonisten ihren eigenen Kopf? Tauchen sie auf, wann und wo sie wollen?
Einen groben Plan habe ich immer, aber wie das so ist, sind meine Protagonisten meist sehr eigenwillig und halten sich nicht an diese Planung.
Gibt es ein geheimes Notizbuch mit Ideen für zukünftige Geschichten? Wenn ja, wie geheim ist es?
Ich habe eine ganze Kiste mit Notizen und Zeitungsartikeln. Das nächste Buch wird aber eher etwas in Richtung Reiseführer durch den Südschwarzwald mit besonderen Orten. Da ich auch eine Ausbildung zur Gästeführerin im Naturpark absolviert habe, sind da meine Themen und Tipps drin. Zwischenzeitlich reifen neue Romanideen.
Gibt es ein Genre, in welchem du gerne mal etwas schreiben würdest, dich aber nicht traust?
Hm, mich nicht trauen ist der falsche Ausdruck. Ich muss mich erst noch etwas darauf einlassen können. Mir schwebt das Wissen um die Heilkraft/Magie in alten Kulturen vor. Weiße Frauen, Heiler, Schamanen.
Gibt es eine Schreibroutine mit festen Schreibzeiten?
Am liebsten vormittags, wenn ich freie Tage und meine Ruhe zuhause habe.
Ist Autorin der Hauptberuf oder gibt es noch einen Brotjob? Wenn ja, welchen?
Es gibt noch einen Brotjob, ich bin medizinische Fachangestellte und arbeite in einer Klinik im gynäkologischen Chefärztinbüro.
Wie kamst du zum Schreiben? War die Geschichte plötzlich da? Oder wolltest du schreiben und hast dir dann die Geschichte überlegt?
Die Leidenschaft zum Schreiben habe ich schon in meiner Kindheit verspürt. Für meinen ersten Roman war ich noch im Kirchenarchiv, habe mir die Geschichte des ehemaligen Klosters vom Nachbarort einverleibt, bin dann einfach hingesessen und habe angefangen, ganz intuitiv. Es war ein herrliches Gefühl.
Ich habe für den Homer „Die Aschenbrennerin“ gelesen. Welches ist dein Lieblingscharakter aus dem Buch und warum?
Die Aschenbrennerin heißt Marie und ist die Hauptfigur. Ich mag sie, weil sie ihr Leben selbst in die Hand nimmt, trotz unehelichem Kind und dem Drängen anderer, die glauben zu wissen was gut für sie ist. Sie hat sich Respekt verschafft, weil sie ihrer Neugier und ihrer Berufung allen Widrigkeiten zum Trotz folgt. Ein Frauenthema? Vielleicht, aber immer noch aktuell, ich möchte damit auch Mut machen. Die paar Kritiker (…schon wieder starke Frauen!) halte ich aus, das sind meist die, die keinen Schritt aus ihrer Komfortzone weichen wollen.
Ich bin sonst nicht so der Leser von historischen Büchern. Aber die Aschenbrennerin hat mich gepackt und mir Lust auf Nachschub gemacht. Mit welchem Buch ging es dir zuletzt auch so? Oder bleibst du beim Lesen einem Genre treu?
Ich lese querbeet. Autobiographisches ist mir meist zu langweilig und selbstherrlich. Aber „Der alte König in seinem Exil“ von Arno Geiger fand ich toll. Ich konnte mich damit identifizieren, weil auch mein Vater an Demenz litt.
Hat sich dein Leben durch das Schreiben verändert? Behandeln dich Leute jetzt irgendwie anders?
Ich kann mich sehr gut in verschiedene Rollen hineindenken, weil ich ja die unterschiedlichen Charaktere und deren Beweggründe glaubwürdig darstellen muss. Daher gibt es für mich kein Schwarzweiß-gutoderböse-denken, jeder und alles hat seine Gründe und Berechtigung so, oder anders zu handeln. Das macht das Leben bunt und vielfältig, nur bei Ungerechtigkeit – wenn jemand nur auf seinen Vorteil bedacht ist – werde ich „pissig“.
Soooo, dafür, dass ich nicht wusste, was ich schreiben soll, ist das hier ziemlich lang geworden.
Habe ich eure Neugier befriedigt? Was hättet ihr noch wissen wollen? Ihr könnt es mir ja schreiben, dann frage ich die Autorin für euch.
Hier habe ich noch eine kleine Minilesung für euch. Damit ihr einen kleinen Vorgeschmack auf das tolle Buch bekommt. Kaufen könnt ihr es dann beim Buchdealer eures Vertrauens.